Im Folgenden wird eine Auswahl an Bearbeitungsmöglichkeiten beschrieben.
TEXTILER BILDTRÄGER
Man kann diesen Prozess nur verlangsamen, indem man chemisch neutrale Stoffe einbringt (z.B. Acrylate). Falls möglich, sollte man einst eingebrachte Stoffe, die die Oxidation fördern, vorher exzerpieren.
Bei zu brüchig gewordenem textilem Bildträger ist dieser durch einen neuen Trägerstoff zu stützen (z.B. Doublierung , d.h. Aufziehen auf einen zweiten, neuen textilen Bildträger).
Falls sie sich durch einmalige Vorgänge im Material angesiedelt haben, sind sie zu entfernen bzw. unschädlich zu machen (z.B. Schimmel durch Wassereinbruch).
Bei andauernder Befallsgefahr sind überdies präventive Maßnahmen zu ergreifen, wie etwa Standortwechsel, Generalsanierung der Umgebung, Klimavitrinen, usf.
Auch hier können klimatisierte Räume oder Vitrinen letzter Ausweg sein.
Deformationen durch Stöße bedeuten letztlich Überdehnungen des Bildträgers. Sie können meist partiell behandelt werden, indem man die Reaktion des jeweiligen Materials auf höhere relative Luftfeuchtigkeit und Feuchtigkeit ausnützt.
Foto: Arbeitsrahmen
Liegen großflächigere Deformationen vor, wird das Bild auf einen Arbeits/Streckrahmen gespannt und in einem sog. Klimazelt höherer relativer Luftfeuchtigkeit ausgesetzt.
Bei beiden angesprochenen Möglichkeiten kann ein nachfolgendes "Glattlegen" von Vorteil sein (z.B. partielles Beschweren, Unterdrucktisch, u.a.)
Bei Durchhängen des Bildträgers durch das große Eigengewicht sollte ein Stützgewebe aufgebracht werden (Doublierung).
Eine mögliche Bearbeitung in diesem Falle stellt die Dehnung des Bildträgers dar: nach Konditionieren im Klimazelt kann ein Dehnen des Bildträgers, das sich auf einem Streckrahmen befindet, gelingen.
Abgerissene Gewebsfäden können wieder verklebt werden. Ebenso sind Einfügungen von verlorengegangenen Fäden auf dieselbe Art möglich.
Eine weitere Möglichkeit stellt die Rißvernähung dar.
Bei Rissen und Gewebseinfügungen bei Löchern kann man zusätzlich über die Randzonen hinaus beschichtete Fäden aufkleben ("Verklammerung"), sodass die Zugbelastung besser verteilt wird und nicht nur auf der verklebten Stelle lastet.
Foto: Rißverklammerung
Als zusätzliche Maßnahme kann eine Doublierung notwendig sein.
Bei Brüchigwerden des Materials ist eine Doublierung vorzunehmen.
GRUNDIERUNG
Durch das Trägergewebe hindurch (Rückseite) und durch das Krakleefeld können Festigungsmittel eingebracht werden. Mitunter hat man bei diesem Vorhaben große Schwierigkeiten. Festigungsmittel dringen nicht tief genug ins Material ein bzw. sind mehrmalige Einbringungen notwendig. Dabei kann das nachfolgende Einbringen durch bereits erfolgtes Erstarren des vorher eingebrachten Materials erschwert werden.
Auch hier versucht man, Festigungsmittel in den Bereich der Trennungen zu Transportieren. In vielen Fällen wird das eingebrachte Festigungsmittel mittels Wärme nachbearbeitet und die Stelle nachfolgend etwas beschwert.
MALSCHICHT
Falls die durch den Frühschwundriß freigelegte untere Schicht optisch zu störend ist, kann man mittels Retusche diese störenden Stellen farblich abschwächen oder dem umliegenden Farbwert angleichen.
Eine gewisse Verbesserung der optischen Auffälligkeit des Krakleefeldes kann bei Einhergehen mit Schüsselbildung der Schollen eine Abschwächung der Schollenbildung sein, d.h. daß sich der Abstand zwischen den Randzonen der Schollen verkleinert; im besten Falle verschwindet er fast vollständig.
Teilweise lassen sich diese Krepierungen rückgängig machen oder abschwächen und zwar durch Einbringen von geeigneten Lösungsmitteln ins Malschichtgefüge, mit oder ohne Harzzusätzen. (Eine ältere Methode stellt das sog. "Pettenkofersche Regenerationsverfahren" dar, bei dem das Gemälde Ethylalkoholdämpfen ausgesetzt wurde). Ziel ist es, die kleinen Risse durch Anlösen des Materials zum Verschwinden zu bringen. Die Gefahr dabei ist jedoch, dass die Anwendung von Lösungsmittel auch andere Stoffe anlösen kann und es in der Folge zu Schäden kommen kann. Somit ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob dies ohne Beschädigung des Bildgefüges möglich ist.
Mitunter ist der Erfolg nur vorübergehend, da sich das Lösungsmittel zwar in den Rissen ansammelt und dort einige Zeit verbleibt und somit eine Klarheit des Stoffes bewirkt. Nach und nach verflüchtigt sich das Lösungsmittel wieder, was durchaus Wochen dauern kann, und es kommt in der Folge zu den gleichen Erscheinungen wie vorher, da das Lösungsmittel nicht imstande war, das Material wieder zu homogenisieren.
Grundierung/Malschicht, Malschicht/Malschicht
Auch hier bringt man Festigungsmittel in die Zwischenräume und schließt nach einiger Zeit (je nach Festigungsmittel) mittels Wärme und leichtem Druck die Zwischenräume.
Foto: Unter dem Stereomikroskop wird
Festigungsmittel in kleinste Risse und in Zwischenräume sich
abhebender Malschichtpartien eingebracht
Fotos: eine sich partiell abhebende
Malschicht wurde wieder verklebt
FIRNIS
Falls der Firnis zu störend wirkt, kann man ihn auch abnehmen.
Wichtig ist zunächst herauszufinden, ob sich der Firnis anlösen und abnehmen lässt, ohne die Malschichten zu beschädigen.
Da es auch gefärbte Firnisse gibt, ist auch diese Frage abzuklären und bei Neuauftrag zu berücksichtigen. Ebenso sollte man sich die Frage stellen, ob nicht die etwaige stärkere Eigenfarbe z.B. eines bestimmten Harzes schon im Malprozess seinen Niederschlag erfuhr, indem die Malerei etwas heller gesetzt wurde und durch optische Addition mit der Eigenfarbe des Firnisses erst die gewünschten Farbwerte ergab.
Das hieße letztlich, dass man den gleichen Firnis oder die gleich Firnismischung auftragen sollte; dass bei dieser Entscheidung auch die zukünftige Reversibilität dieser Maßnahme bedacht finden muss, steht außer Zweifel.
Hier sieht man sehr deutlich, dass es öfters zu Interessenkonflikten kommt, die einer gut begründeten Entscheidung bedürfen.
Eine weitere zu berücksichtigende Frage ist, ob der vorliegende Firnis der Originalfirnis ist; fraglich ist dabei, ob das zweifelsfrei feststellbar ist.
Zu prüfen ist auch, ob das Bild ursprünglich überhaupt gefirnisst wurde bzw. welcher Firnis einst aufgetragen wurde (fraglich ist hier wieder, ob dies immer anhand von kleinen Firnisresten am Bildrand oder Abrinnspuren am Spannrand selbst feststellbar ist).
Dass ältere Gemälde bereits mindestens einmal Überfirnisst wurden oder einen Firniswechsel (wenn auch zT. nur partiell) hinter sich haben, kommt relativ häufig vor.
Letztlich ist auch die Dicke der Firnisschicht entscheidend: das Licht muss durch das Material hindurch und wird zudem an den Schichtbegrenzungsflächen gebrochen.
Möglichkeiten, einen Firnis abzunehmen sind unter anderem die Folgenden:
a. mechanisch, z.B. mit dem Skalpell
b. chemisch-mechanisch:
1. durch Anlösen mit einem Lösungsmittel/-gemisch und Aufsaugen des gelösten Firnisses mittels Wattestäbchen, wobei durch eine abrollende oder reibende Bewegung des Wattestäbchens noch eine mechanische Kraft hinzukommt.
2. Falls der Lösepunkt von Firnis und darunter liegender Malschicht zu eng beieinander liegen, ist folgendes zu versuchen: durch geschickte Lösungsmittelwahl kann es gelingen, die Firnisschicht durch kurzes benetzen einer kleinen Stelle mit einem Wattestäbchen, anzuquellen (dies ist das Vorstadium, bevor die Schicht in Lösung geht). Daraufhin trägt man den gequollenen Firnis mit mechanischen Feinwerkzeugen ab.
3. Weiters in Gebrauch sind Lösungsmittelgele, wobei die Lösungsmittel in einem Gel gebunden sind und dadurch in gleicher Zeit nicht so stark auf die Schicht wirken können.
Fotos: partielle Firnisabnahme mittels
Lösungsmittel-Gel
Zur Auswahl der verwendeten Lösungsmittel:
Durch die Wahl der Lösungsmittel kann man die Wirkung auf die Firnisschicht steuern.
Eine wichtige Hilfestellung bei der Abnahme von Firnissen ist die Verwendung des sog. "Lösungsmitteldreiecks".
Das Lösungsmitteldreieck ist ein Diagramm mit drei Seiten, wobei jede Seite für eine der zwischenmolekularen Anziehungskräfte steht (unpolare Dispersionskräfte, polare Dipolkräfte, Wasserstoffbrückenbindung). Mit dessen Hilfe ist es möglich, die Wirkung eines Lösungsmittels auf ein Bindemittel abzuschätzen.
In aller Regel löst ein Lösungsmittel einen Feststoff, wenn die beiden Substanzen ähnliche Eigenschaften aufweisen.
Jedem Lösungsmittel ist ein Löslichkeitsparameter zugeordnet, d.h. es wird damit ausgesagt, welche Kräfte in welcher Größenordnung bezüglich dieses Lösungsmittels vorliegen.
Man kennt den Bereich, in dem ein bestimmtes Bindemittel angequollen bzw. gelöst werden kann. Liegt jetzt ein Löslichkeitsparameter eines Lösungsmittels innerhalb eines Quellbereiches eines Bindemittels (bzw. Substanz), ist dieses Lösungsmittel für dieses Bindemittel gefährlich. Je weiter weg es liegt, desto ungefährlicher ist es.
Auch Kombinationen von bis zu 3 organischen Lösungsmittel können noch recht zuverlässig berechnet werden.
Letztlich wird auch hier die Abnahme notwendig sein.
Regenerieren kann hier unter Umständen Abhilfe schaffen, ansonsten ist wieder die Abnahme angezeigt.
Bei ausgeprägteren Krakleefeldern wird wiederum der Firnisaustausch notwendig sein.
Der Austausch ist notwendig, da die Optik des Gemäldes sehr darunter leidet und die etwaige Schutzfunktion des Firnisses nicht mehr gegeben ist.